Menü
  • Ninel, 2024
Römer + Römer, Mit Kopflaternen auf dem Münsterplatz, 2024, Öl auf Leinwand, 100 x 140 cm. Fasnacht Basel. Morgenstreich

Weder Fenster noch Straßenlaternen spenden Licht. Die Schweiz ist aus der Zeit gefallen – zum Klausjagen in Küssnacht, den Funkensonntag in Liestal und zu Frau Fasnacht in Basel.

Die mittelalterlichen Gassen versinken in die Dunkelheit des Winters. Dreiklänge von Glocken, Blasinstrumenten und Trommeln hallen von den alten Gemäuern wider. Weiße Gewänder schimmern in der Nacht.

Wandernde Kirchenfenster aus Pappmaché und Seidenpapier durchbrechen die Finsternis.

In Flammen stehen die getragenen Föhrenholz-Besen und gezogenen Eisenkessel. Feuer züngelt an den Häuserfassaden und Kleidern. Die Hitze erreicht ihren Höhepunkt.

Zum Morgenstraich zwitschern die Piccoloflöten. Cliquen aus fiktiven Gestalten, Vagabunden, Hofnarren und Karikatur Figuren flanieren durch die Altstadt. Eine Erinnerungstäuschung an die hedonistische Rokoko-Epoche und die Commedia dell’arte. Kleine Laternen thronen auf den Köpfen und dienen als Zepter in den Händen. Kopfsteinpflaster sind von buntem Konfetti bedeckt.

Aufnahmen mit hoher Lichtempfindlichkeit fangen filigrane Farbabstufungen ein. Sekundenbruchteile werden zu Öl-Gemälden.

Heidnisch anmutende Szenen aus der heutigen Zeit, unabhängig von Konfession und Stand, halten den Ausnahmezustand fest. Alles ist in Bewegung.

Immer wieder wurden solche Festlichkeiten von den Autoritäten untersagt. Die Hingabe an die Welt, nicht an Gott, galt als Gegenwelt zum Paradies und war widergöttlich. Selbst Martin Luther verurteilte die Bräuche, bemerkte jedoch gleichzeitig: „Man muss bisweilen mehr trinken, spielen, Kurzweil treiben und dabei sogar irgendeine Sünde riskieren, um dem Teufel Abscheu und Verachtung zu zeigen, damit wir ihm ja keine Gelegenheit geben, uns aus Kleinigkeiten eine Gewissenssache zu machen…“

 

Ninel

Print Friendly, PDF & Email